Rezension zum Buch "Jugend in der Krise" : Socialnet Prof. Florian Hinken: https://www.socialnet.de/rezensionen/28963.php
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Der Autor weist an mehreren Stellen darauf hin, dass die Forschung einen Zugang eher zu sozioökonomisch besser gestellten jungen Menschen herstellen konnte. Das mindert nicht den Wert der entsprechenden Studien, lässt aber vermuten, dass Argumentiertes zu Teilen, insbesondere für eher nicht erreichte Personenkreise, auch anders gedeutet und interpretiert werden könnte. Der Autor nimmt daher gerade auch sogenannte „benachteiligte“ junge Menschen mit in den Fokus. Lesende haben nach der Lektüre einen sehr guten Einblick das Jugendlichsein unter Pandemiebedingungen und die damit einhergehenden Belastungen und Hindernisse, denn Gravelmann beschreibt anschaulich und facettenreich die Auswirkungen der Pandemie auf junge Menschen in der Adoleszenz. Darüber hinaus leitet der Autor immer wieder ab, welche politischen, gesellschaftlichen und fachlichen Aufgaben anstehen, um die Belange junger Menschen nach der Krise angemessener zu berücksichtigen und Auswirkungen der Pandemie, u.a. psychischer Art, abzumildern bzw. aufzufangen.
Gravelmann ist eine starke Fokussierung auf der Grundlage umfassender (und beeindruckender) Recherche gelungen. Hier ist auch die Frage zu beantworten, für welchen Leserinnen- und Leserkreis das Buch empfohlen werden kann. Für Vertreterinnen und Vertreter aus der Jugendhilfepraxis und der Politik ist die Lektüre aufgrund der komprimierten Darstellung auf Basis derer eine Erfassung der Thematik innerhalb kurzer Zeit möglich ist und vermutlich Reflexionsanstöße für das eigene berufliche, institutionelle und politische Handeln damit einhergehen, zu empfehlen. Für den Einsatz in der Lehre eignet sich das Buch ebenfalls. Studierenden wird hier eine sehr gute Grundlage für exemplarische Vertiefungen an die Hand gegeben. Interessierten Leserinnen und Lesern außerhalb der Sozialen Arbeit und der Politik, z.B. Presse, Schule oder auch für Interessierte ohne pädagogische und institutionelle Bezüge, kann das Buch zudem aufgrund der multiperspektivischen Erfassung des Phänomens empfohlen werden.
Insgesamt ein interessantes und unbedingt empfehlenswertes Buch, das auch Jahre später spannend zu lesen sein wird, um in der Retrospektive nachzuvollziehen, wie die Krise von Jugendlichen verarbeitet wurde, welche Einschätzungen Bestätigung erfahren haben und welche durch die Krise erzwungenen neuen Handlungsansätze in Bezug auf Jugendliche für die Nach-Corona-Zeit aufgegriffen worden sind.
Rezension von
Prof. Dr. Florian Hinken
Professor im Studiengang Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendhilfe an der Evangelischen Hochschule Berlin
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